TEIL 2 – Mikroplastik: Alles, was man wissen sollte

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3. Wie viel Mikroplastik befindet sich in der Umwelt und welche Risiken gehen davon aus?​

Kunststoffpellets und Fasern wurden bereits vor fast 50 Jahren im Wasser, in verendeten Seevögeln sowie Fischen gefunden und im Laufe der Zeit dann auch als Teilproblematik von Kunststoffabfällen berücksichtigt. Seit dem Jahrtausendwechsel haben laut dem Fraunhofer-Institut Untersuchungen und Veröffentlichungen zum Thema Mikroplastik enorm zugenommen.

Eine Studie der Fraunhofer-Gesellschaft aus dem Jahr 2018 beziffert die jährliche Menge an Mikroplastikemissionen in der Umwelt hierzulande auf 330.000 t pro Jahr, also rund 4 kg pro Kopf. Damit ist Mikroplastik für rund drei Viertel aller Kunststoffemissionen verantwortlich und sogenanntes Makroplastik (Plastikflaschen etc.) für den Rest. „Dem, was für jeden offensichtlich ist, steht also eine etwa dreifach größere Menge gegenüber, die zum Teil nur unter dem Mikroskop sichtbar wird“, kommentiert das Fraunhofer-Institut seine Studie.

In unseren Ozeanen befinden sich bereits mehr als 140 Millionen Tonnen Plastikmüll. Jährlich gelangen etwa 8 Millionen Tonnen Müll hinzu, wovon etwa drei Viertel aus Plastikmüll bestehen. Auch in deutschen Binnengewässern ist bereits jeder fünfte darin schwimmende Partikel aus Kunststoff, wie eine gemeinsame Studie der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz feststellte.

Das Plastik findet auf unterschiedliche Weise den Weg in die Meere, zum Beispiel über das Abwasser oder achtlos weggeworfene Plastiktüten und PET-Flaschen. Schließlich gelangt es in die Nahrungskette des Menschen, wenn er sich von Fisch und Meeresfrüchten, wie z. B. Muscheln und Krebsen, ernährt. Erst kürzlich haben österreichische Wissenschaftler erstmals Mikroplastik im Darm aller Studienteilnehmer, die aus verschiedenen Ländern stammten (Österreich, Japan, Finnland, Polen, Russland, Italien, Niederlanden, Großbritannien), nachgewiesen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beziffert in seinem Verbrauchermonitor 8/2018 (halbjährlich wiederkehrende, repräsentative Bevölkerungsumfrage zum gesundheitlichen Verbraucherschutz), die Beunruhigung der deutschen Bevölkerung im Bezug auf das Thema Mikroplastik. Während der Großteil der Verbraucher die Qualität der Lebensmittel als sicher einschätzt, finden knapp die Hälfte der Befragten, dass die Lebensmittelqualität abnehme. Vergleicht man die Ergebnisse mit denen der gleichen Befragung aus Februar 2018, so ist die Beunruhigung der Verbraucher in Bezug auf Mikroplastikartikel in Lebensmitteln am stärksten angestiegen. Für mehr als die Hälfte der Verbraucher ist Mikroplastik in Lebensmitteln aktuell das zweitalarmierendste Thema nach Antibiotikaresistenzen. BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel sagt: „Das BfR führt derzeit Studien zur Aufnahme von Mikroplastikpartikeln über den Darm und den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen durch. Um das tatsächliche Risiko von Mikroplastik in der Nahrungskette zu bewerten, benötigen wir verlässlichere Daten.“

Aktuell ist das Überleben von 700 Arten von Meeresbewohnern durch Plastik bedroht. Wenn das Plastikproblem nicht angegangen wird, werden nach Schätzungen der Vereinten Nationen bis 2050 mehr Plastikmüllpartikel als Fische in den Weltmeeren schwimmen, gemessen am jeweiligen Gesamtgewicht.

Wir finden, dass es so nicht weitergehen kann, und gehen daher das Problem von Plastik in den Weltmeeren gemeinsam mit dem Verein One Earth – One Ocean bereits seit 2016 an. Mehr dazu erfahrt ihr hier.

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4. Was sind die Hauptquellen des Mikroplastiks?​

Mikroplastik gelangt entweder als „primäres“ oder „sekundäres Plastik“ in die Umwelt (vgl. Teil 1 – Mikroplastik: Alles, was man wissen sollte ). Die meisten Studien, die die Quellen von Mikroplastik und deren Anteile am Gesamteintrag in die Umwelt untersuchen, beruhen dabei auf Schätzungen. Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik hat im Juni 2018 die bis dato aktuellste und umfassendste Untersuchung von Mikroplastikquellen für Deutschland vorgelegt. Sie berücksichtigt und quantifiziert 51 verschiedene Quellen.

Zitat aus der Studie: „Es wird deutlich, dass die häufig in den Medien sehr präsenten Quellen, aus Kosmetik und Textilwäsche, in unserer Auflistung bei weitem nicht die größten sind.“

Das sind die Top 10 Mikroplastikquellen gemäß der Fraunhofer-Studie:
Abrieb von Reifen (1) , Emissionen bei der Abfallentsorgung (2), Abrieb von Polymeren und Bitumen in Asphalt (3), Pelletverluste (4), Verwehungen von Sport- und Spielplätzen (5), Freisetzung auf Baustellen (6), Abrieb von Schuhsohlen (7), Abrieb von Kunststoffverpackungen (8) und Fahrbahnmarkierungen (9) sowie Faserabrieb bei der Textilwäsche (10).

„Primäres Mikroplastik“ aus der Kosmetik landet in dem Ranking auf Platz 17. Laut einer im Frühjahr 2018 veröffentlichten Umfrage des Dachverbands Cosmetic Europe hat sich die Menge dieser festen Mikropartikel in Produkten zwischen 2012 und 2017 um 97 % reduziert. Dieser Rückgang beruht auf dem freiwilligen Verzicht der Kosmetikindustrie auf Plastikpartikel in Peeling-Produkten.